Ziel von Tubacex ist die Herstellung von austenitischen nichtrostenden Stahlstangen mit einem Blockgussverfahren, um die hohen Qualitätsanforderungen, insbesondere für Porosität und Belastung, zu erfüllen. Mit diesem neuen Blockgussverfahren wird die mengenmäßige Produktivität auf ein Maximum erhöht.
Das Unternehmen musste sich zwischen zwei verschiedenen Fertigungsansätzen entscheiden, um die neue Blockgussproduktivität zu maximieren und die Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Beide Fertigungsansätze beginnen mit dem Guss von 6,3 t schweren 316L nicht rostenden Stahlblöcken. Dann wird der Block vor dem Warmumformung vorgewärmt.
Die Warmumformung besteht entweder aus einem Schmiede- oder Vorwalzprozess.
Um diese beiden Fertigungsansätze zu bewerten, wurden zahlreiche metallurgische Parameter geprüft, um herauszufinden, welcher Ansatz am effektivsten ist: Temperatur, Lastverteilung, Von-Mises-Spannung, Porosität, Entwicklung der Korngröße, Belastung.
Gieß-, Schmiede- und Vorwalzvorgänge in Tubacex-Werken
Simulation des Blockgusses hergestellt mit THERCAST® (a)
Durchgeführte Simulationen mit FORGE®: Schmiedeverfahren (b) und Vorwalzverfahren (c)
SCHRITT 1: Für die Entwicklung des neuen Blockverfahrens kam die THERCAST®-Software zum Einsatz (Blockgewicht und -abmessungen, Formen usw.). Das Blockgießen wurde von der Befüllung bis zur Verfestigung von den Tubacex Ingenieuren entwickelt und simuliert. Dabei wurde analysiert, in welchem Ausmaß die metallurgischen Parameter durch das neue Verfahren und die Prozessbedingungen betroffen sind.
Die Bewertung des Gussverfahrens erfolgte durch die Überwachung der Temperaturentwicklung mithilfe von drei Thermoelementen, die an drei verschiedenen Ebenen des Blocks angebracht waren. Die Simulationsergebnisse lagen nach am Versuch sehr nahe am Experiment, weshalb die Eingabeprozessparameter wie folgt validiert wurden: thermophysikalische Eigenschaften, Wärmeübergangskoeffizient zwischen Metall/Umgebungsluft und Metall/Formen usw.
Weiterhin konnte Tubacex aufgrund der Simulation des Blockgusses die Erstarrung des Metalls analysieren, wobei der Fokus auf sekundärer Schrumpfung oder der Gefahr von Porosität (Niyama-Merkmal) lag, welche wichtige Faktoren bei der folgenden Warmumformung darstellen. Dank der Analyse gelang es Tubacex, aus neun verschiedenen Modellen den am besten geeigneten Block (AC68) auszuwählen. Die Simulation zeigte die Gefahr auf Hohlräume in einem Bereich von 20 mm an der Blockmittelline sowie die Gefahr auf Porosität im einem kritischen Bereich von 50 mm Durchmesser.
Porosität im Kern (Niyama-Merkmal) des Blocks nach Erstarrung
SCHRITT 2: Die Simulationsergebnisse wurden dann in die FORGE®-Software übertragen, die für die Simulation von Warmumformung entwickelt wurde. Um das am besten geeignete Warmumformungverfahren auszuwählen, entschied sich Tubacex für die Bewertung von vier wichtigen Parametern für Schmiede- und Vorwalzverfahren: Lastverteilung, Von-Mises-Spannung, Porosität, Analyse der Korngröße.
Beim Schmiedeprozess erzeugt jeder Schlag eine gewisse Erhöhung der plastischen Verformung und Wärmeableitung innerhalb des Werkstücks. Deshalb tendiert die Last dazu, sich bei jedem Durchgang zu erhöhen. Aus diesem Grund findet eine Wiedererwärmung zwischen den Durchgängen statt. Nach den ersten Durchgängen und der Drehung des Werkstücks wird die Last deutlich verringert, sobald sich die neu gehämmerte Seite abgekühlt hat. Folglich ist eine höhere Schmiedelast erforderlich und die Simulation zeigte, dass die Tonnage die maximale Kapazität der Tubacex Schmiedeanlagen von 2.000 t überschritten hat. Beim Vorwalzen zeigt die Simulation, dass die auf die obere Rolle angewandte Axialkraft den Wert von 1,1 metrischen Tonnen nicht überschreitet. Diese Kraft kann problemlos durch die Walzrollen von Tubacex unterstützt werden.
In mehreren Schritten der Warmumformungprozesse wurde im Querschnitt eine Von-Mises-Spannungsverteilung festgestellt. Beim Ergebnisvergleich am Ende des Durchgangs zeigte FORGE®, dass die Spannungen beim Schmiedeprozess weniger deutlich und homogener sind (a). Das Vorwalzen führt zu erhöhter Heterogenität und Nebenwirkungen innerhalb des Teils (b).
Die Porositätsanalyse zeigt, dass sich im Verlauf des Schmiedeverfahrens alle Porositäten stetig verringern. Sobald der Block einen Durchmesser von 370 mm erreicht, d. h. ein Drittel des Prozesses, sind sie völlig verschwunden (a). Beim Vorwalzen beginnen sich die Porositäten nach dem halben Prozess zu verringern. Aber sie verschwinden nicht ganz und bleiben entlang des Kerns heterogen (b). Dadurch können im Fertigteil Hohlräume oder sonstige Schwachstellen entstehen.
Unabhängig von der von Tubacex gewählten Anwendung kommt es im Laufe des Prozesses zu einer steigenden und deutlichen Verformung des Werkstücks, was zu einem Temperaturanstieg führt und mikrostrukturelle Evolutionen nach sich zieht. Die anfängliche Korngröße des Blocks liegt bei 3 ASTM und sie verkleinert sich während der Warmumformung mehr oder weniger.
Beim Schmiedeverfahren erreicht die Korngröße einen durchschnittlichen Wert von 8 ASTM. Am Ende des Durchgangs zeigt FORGE® eine nahezu homogene Mikrostruktur des Werkstücks (a).
Die Ergebnisse sind weniger zufriedenstellend als beim Vorwalzverfahren. Im Werkstückkern beträgt die Korngröße 4,5 ASTM und näher an der Oberfläche erreicht sie 9,5 ASTM. Deshalb ist die Mikrostruktur heterogener und zeigt weniger Verformung als der Werkstückkern (b).
Basierend auf den Simulationsergebnissen ist der Schmiedeprozess eher geeignet als das Vorwalzverfahren. Dies liegt daran, dass durch das Schmieden des Blocks am Ende bessere Eigenschaften erzielt werden (Belastungen, Porositäten, Korngröße). Dennoch gibt es eine Einschränkung, da die von Tubacex eingesetzten Schmiedeanlagen nicht die von FORGE® empfohlene Maximallast anwenden können.
Dennoch wurde entschieden, den Schmiedeprozess als den am besten geeigneten Fertigungsansatz zu bestätigen. Weiterhin wurde ein Kompromiss erzielt, indem die Herstellung von kleineren Blöcken beschlossen wurde, um alle Vorteile des Schmiedeansatzes zu erhalten und gleichzeitig eine mit Tubacex Anlagen kompatible Schmiedelast zu erreichen.
„Nahtlose Edelstahlrohre werden in Umgebungen mit hoher Korrosionsbeständigkeit verwendet, wie sie in der Öl- und Gasindustrie, der Chemiebranche, der Maschinenbaubranche und der Nuklearindustrie vorherrschen. Die erhöhte Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Herstellern in diesen Branchen erhöht den Anreiz, ihre Prozesse für Rohmaterial und Energieeinsatz immer effizienter zu gestalten. Aus diesem Grund ent-wickel-te Tubacex ein Simulationsmodell, das die beiden Softwarelösungen THERCAST® und FORGE® zusammenbringt. Dadurch entstand ein äußerst wertvolles Tool zur Erkennung von Prozessfehlern im Anfangsstadium und zur Reduzierung von Produktionsstillstand. “
- Aitor Navarro, Research Engineer für Simulationstechnologie bei Tubacex